Urteilskommentar zum Urteil „Sendelizenzen“ (BFH, Urteil v. 22.3.2022 - IV R 13/18)

Eine Sendelizenz ist kein aktivierungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut – Grundsätze der wirtschaftlichen Übertragungsfähigkeit von höchstpersönlichen Rechten.

I. Sachverhalt

Im Urteilsfall des BFH vom 22. März 2022 (IV R 13/18) lag eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur vor, wobei sowohl die Klägerin als auch die mehrheitlich an ihr beteiligte A GmbH & Co. KG jeweils in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG agieren. Die Klägerin als Untergesellschaft betreibt seit 2006 einen lokalen Fernsehsender.

Die Klägerin beantragte bei der Landesanstalt für Kommunikation („LfK“) eine Zulassung als regionaler Fernsehsender und die Zuweisung einer Sendelizenz für die Region Y im Jahr 2005. Bei Erteilung der Zulassung wird eine entsprechende Gebühr fällig.  

Im Zusammenhang mit der Bewerbung um eine entsprechende Sendelizenz ergaben sich verschiedene Aufwendungen sowohl auf Ebene der Klägerin als auch auf Ebene ihrer Obergesellschaft, der A GmbH & Co. KG. So schloss die Klägerin im Jahr 2005 einen Beratungsvertrag mit G ab, der die Bewerbung um eine Sendelizenz unterstützen sollte.  

Daneben schloss die A GmbH & Co. KG einen Beratungsvertrag mit D ab. Dieser Vertrag umfasste die Unterstützung im Zusammenhang mit der beabsichtigten unmittelbar oder mittelbar über eine beherrschte Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der A GmbH & Co. KG angestrebte Erteilung einer Fernsehlizenz für das Sendegebiet Y.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurde der Betriebsausgabenabzug sämtlicher Aufwendungen versagt, da nach Ansicht der Finanzverwaltung die Sendelizenz als immaterielles Wirtschaftsgut qualifiziert und somit alle Aufwendungen zu aktivierende Anschaffungskosten bzw. Anschaffungsnebenkosten des immateriellen Wirtschaftsguts „Sendelizenz“ seien.

II. Entscheidung des BFH

Sendelizenz ist kein immaterielles Wirtschaftsgut

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist der Wirtschaftsgutbegriff weit auszulegen und umfasst alle Sachen, Rechte oder tatsächlichen Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, die aus Sicht des Erwerbers einen eigenständigen Wert haben, die einer selbstständigen Bewertung zugänglich sind, in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können.[1]

Der BFH äußert sich in seinem Urteil vom 22. März 2022[2] lediglich zur Frage der Übertragbarkeit und lässt explizit offen, ob in der an die LfK zu entrichtenden Gebühr ein derivatives, also entgeltlich erworbenes immaterielles Wirtschaftsgut vorliegt. Hierfür bedarf es grundsätzlich eines Gegenseitigkeitsverhältnisses im Leistungsaustausch (Kaufpreis für Leistung). Dies ist bei den Gebühren für die Sendelizenz und dem möglichen wirtschaftlichen Vorteil, der daraus generiert werden kann (bspw. durch Werbeinnahmen im Rundfunk), zumindest nicht eindeutig ersichtlich.

Der BFH bestätigt in seinem Urteil die Rechtsprechung der Vorinstanz. Auch nach Ansicht des BFH kann die Sendelizenz aufgrund der restriktiven Voraussetzungen des §12 LMedienG BW weder zivilrechtlich noch wirtschaftlich übertragen werden. Es liegt somit ein höchstpersönliches Recht des Inhabers vor.

Der BFH stellt in seinem Urteil ferner klar, dass die Verkehrsfähigkeit der Anteile an einem Rechtsträger und die Verkehrsfähigkeit des Vorteils selbst getrennt zu beurteilen sind. Die Verkehrsfähigkeit des potenziellen Wirtschaftsgutes ist demnach selbstständig zu beurteilen.

III. Bedeutung für die Praxis

Für die Annahme eines Wirtschaftsgutes muss dieses selbst mindestens wirtschaftlich übertragbar sein. Der Inhaber muss demnach in der Lage sein, einem Dritten die wirtschaftliche Nutzung einzuräumen. Das ist bei einer Sendelizenz aufgrund der Regelungen in den jeweiligen Landesmediengesetzen grds. nicht der Fall.

Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob zivilrechtliche Vertragsgestaltungen einen Vorteil, eine Sache etc. im Ergebnis so einschränken können, dass in ihnen ein höchstpersönliches Recht des Inhabers gesehen werden kann. Hierfür reicht jedoch ein bloßes Abtretungsverbot nicht aus, da hierdurch die wirtschaftliche Übertragung nicht eingeschränkt wird.

[1] Vgl. BFH-Urteil v. 9. August 2011, VIII R/08; BFH-Urteil v. 19. Oktober 2006, III R6/05; BFH-Urteil v. 30. September 2010, IR 28/08.

[2] Vgl. BFH, Urteil v. 22. März 2022, IV R 13/18, NWB DAAAJ-18506.

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Autor

Dennis Kellmann
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.