Mediation im Arbeitsrecht als alternative Streitbeteiligung – ein Überblick

Mediation ist ein Verfahren der Konfliktlösung. Die Vermittlung in Streitfällen erfolgt durch eine neutrale dritte Person, die*den allparteiliche*n Mediatorin*Mediator.

Grundlagen der Mediation

Prinzipien der Mediation

Das Mediationsverfahren folgt bestimmten Prinzipien. Die Einhaltung dieser Grundsätze bietet die Grundlage dafür, dass am Ende der Mediation die Parteien dauerhaft befriedet sind. Wichtige Prinzipien sind unter anderem:

  1. Prinzip der Freiwilligkeit 
    Die Freiwilligkeit setzt voraus, dass die Parteien ohne äußeren Zwang bereit sind, das Verfahren durchzuführen. Dabei stellt die Freiwilligkeit auch sicher, dass die beteiligten Parteien ohne Nachteil jederzeit aus dem Mediationsverfahren aussteigen können.
  2. Prinzip der Selbstverantwortlichkeit 
    Das Prinzip der Selbstverantwortlichkeit verdeutlicht, dass der*die Mediator*in kein*e Schlichter* in ist, sondern lediglich den Prozess unterstützt. Die Lösung des Problems erarbeiten die Medianten, also die an der Mediation beteiligten Konfliktparteien, eigenständig.
  3. Grundsatz der Informiertheit 
    Dies bedeutet im Wesentlichen, dass alle Beteiligten über die relevanten Tatsachen gleichermaßen informiert sein müssen, um so eine Akzeptanz der Ergebnisse für die Zukunft zu ermöglichen.
  4. Grundsatz der Vertraulichkeit
    Alle Beteiligten müssen sich im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten zur Vertraulichkeit verpflichten, der*die Mediator*in stellt Vertrauen sicher.

Rolle und Auswahl des*der Mediators*Mediatorin

Begleitet wird ein Mediationsverfahren von einer neutralen dritten Person. Diese sollte vorab von allen Parteien als Mediator*in bestimmt werden. Seine*Ihre Neutralität sowie die Allparteilichkeit haben für das Mediationsverfahren eine fundamentale Bedeutung und werden im Mediationsvertrag festgeschrieben. Sollte die Neutralität infrage gestellt werden, könnte das Ansehen des*der Mediators*Mediatorin verloren gehen. Außerdem ist er*sie zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Vertragliche Grundlagen und Verfahrensregeln

Als Grundlage der Mediation dient der Mediationsvertrag. Dieser wird zwischen dem*der Mediator*in und den beteiligten Personen geschlossen. Zur rechtlichen Absicherung sollte der Mediationsvertrag wichtige Regelungen enthalten. Dazu zählt u. a. die Neutralität und Allparteilichkeit der*des Mediatorin*Mediators, die Freiwilligkeit aller Teilnehmer*innen und die gemeinsam abgestimmten Kommunikationsregeln. Die Grundregelungen schaffen eine vertrauensvolle Basis. Ebenfalls in den Mediationsvertrag aufgenommen werden sollten die Verfahrensregeln. Sie sind notwendig, um eine sinnvolle Kommunikation zu ermöglichen, und müssen von allen Parteien als ihre eigenen anerkannt werden. Verfahrensregeln könnten u. a. sein, den jeweils anderen ausreden zu lassen oder sich selbst aktiv in den Prozess einzubringen. Sollte es zu Missachtungen kommen, liegt es an dem*der Mediator* in, das Verfahren wieder in die richtige Bahn zu lenken.

Rahmenbedingungen und Atmosphäre

Ebenfalls von großer Bedeutung für das Gelingen eines Mediationsverfahren ist eine positive und adäquate Atmosphäre. Eine wichtige Rolle spielt dabei u. a. die richtige Auswahl des Raumes, die Gestaltung der Sitzordnung sowie die Nutzung des richtigen Equipments, wie zum Beispiel eines Flipcharts oder Notebooks.

Abschlussvereinbarung

Zunächst erfolgt ein Brainstorming zur Lösungssuche. Nach einer gemeinsamen Prüfung und Gewichtung erfolgt ggf. eine schriftliche Vereinbarung am Ende des Verfahrens. Es wird festgehalten, wie der Konflikt beendet wurde und wie die Parteien künftig miteinander umgehen. Hier sind eindeutige Formulierungen und das Festhalten konkreter Maßnahmen von großer Bedeutung. Wichtig hierbei ist es, die Transparenz und Informiertheit weiterhin zu gewährleisten.

Mediation im Arbeitsrecht

Grundlagen

Der Gesamtbereich außer- und vorgerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen kann in vier verschiedene Bereiche eingeteilt werden.

  1. Verhandeln
    Das Verhandeln ist eine Gesprächsrunde ohne festes Verfahren und ohne neutrale Person. Im Arbeitsrecht könnte das etwa ein Gespräch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in sein.
  2. Vermitteln
    Beim Vermitteln wird mit Unterstützung einer neutralen dritten Person eine einvernehmliche Lösung gesucht, zum Beispiel bei der Moderation von Tarifverhandlungen.
  3. Schlichten
    Der Grundgedanke hierbei ist, dass eine neutrale dritte Person mit Autorität versucht, den Streitparteien ein eigenes Schlichtungs- bzw. Vergleichsergebnis vorzulegen. Im Arbeitsrecht könnte man dies bei Aufhebungs- und Abwicklungsvergleichen bei Beendigung von Arbeitsverträgen vornehmen.
  4. Richten
    Das Richten ist die Streitbeilegung durch eine echte richterliche Entscheidung.

Individualarbeitsrecht

Im Individualarbeitsrecht gibt es konkret insbesondere folgende Möglichkeiten:

  • Schlichtungsausschuss 
    Schlichtungsausschüsse kommen zur Beilegung von Streitigkeiten bei Berufsausbildungsverhältnissen im Bereich des Handwerks zum Einsatz. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten sind diese Schlichtungsausschüsse ein eigentümlicher Fremdkörper mit einer komplizieren Ausgestaltung. Die Besetzung sowie die Ausgestaltung des Verfahrens wird dabei nicht vorgeschrieben.
  •  Güterichterverfahren 
    Das Güterichterverfahren bedeutet die Verweisung eines rechtshängigen Rechtsstreits durch das erkennende Gericht vor einen*eine Güterichter*in. Güterichter*innen haben keine Entscheidungskompetenz. Das Güterichterverfahren findet nicht vor dem eigentlichen, in der Sache erkennenden, Gericht statt. Es bietet einen engen, aber ausreichenden Zeitrahmen.
  • Klassische Mediation 
    Bei der klassischen Mediation gelten keine Festschreibungen oder Regularien. Demnach sind die Beteiligten in der Ausgestaltung des Prozesses frei. Dies ermöglicht eine individuelle und bedarfsgerechte Entscheidung anhand der jeweiligen Situation, welche für alle, etwa in Bezug auf Personen, Zeit oder Ort, stimmig ist.

Betriebsverfassungsrecht

Bei betriebsverfassungsrechtlichen Konflikten kommen grundsätzlich Einigungsstellen zur Streitbeilegung infrage. Diese werden bei Bedarf oder als ständige Stelle gebildet. Sie bestehen aus einer gleichen Zahl von Beisitzer*innen der Arbeitgeberseite und des Betriebsrats sowie einer unparteiischen vorsitzenden Person.

Die Mediation erfolgt demgegenüber vor der Einberufung der Einigungsstelle, denn Einigungsstellen werden erst dann gebildet, wenn zuvor keine Einigung erzielt werden konnte. Bei einem Streit zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitgeberseite oder zwischen Betriebsratsmitgliedern untereinander kann der Streit durch Mediation schneller und nachhaltiger beigelegt werden, indem die eigentlichen Bedürfnisse und Interessen hinter den jeweiligen Konfliktpositionen herausgearbeitet werden.

Tarifrecht und Arbeitskampf

Arbeitskämpfe gelten als letzter Ausweg bei kollektiven Streitigkeiten. Sie belasten die Beziehung der Sozialpartner sowie das soziale Klima im Unternehmen. Unterschieden wird tarifrechtlich zwischen zwei verschiedenen Arten der Schlichtung: der zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Schlichtung und der auf dem Gesetz beruhenden staatlichen Schlichtung. Das Schlichtungsverfahren wird im Tarifvertrag vereinbart und steht in der Praxis im Vordergrund.

Arbeitsgerichtsbarkeit

Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist die Streitbeilegung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens. Hierbei hervorzuheben ist der obligatorische Gütetermin. Er ist eine Mischung aus Schlichtungsfunktion und der Vorbereitung einer Streitentscheidung. Die durch ein Urteil nicht lösbaren Konfliktpunkte können per Mediation bearbeitet werden. Auch denkbar ist die Mediation zur Vorbereitung des Gerichtsverfahrens. Daraufhin kann das Ergebnis der Mediation als Vereinfachung des Konfliktes genutzt werden, um eine Entscheidung zu treffen.

Mediationstauglichkeit

Das Verfahren der Mediation ist im gesamten Arbeitsrecht von herausgehobener Bedeutung. Hervorzuheben sind insbesondere folgende positive Faktoren:

  • Mediation eignet sich bei allen Arten von arbeitsrechtlichen Konflikten
  • Auch im Rahmen gerichtlicher Verfahren kann Mediation helfen
  • Mediation liefert schnellere Ergebnisse als ein gerichtliches Verfahren
  • Mediation trägt dazu bei, Konflikte nicht nur kurzfristig, sondern langfristig zu beseitigen
  • Mediation gewährleistet Vertraulichkeit und Diskretion

Vorteile der Mediation im Arbeitsrecht

Daraus resultierend ergeben sich vielseitige Vorteile – insbesondere auch für Arbeitgeber.

Mediation im Arbeitsrecht begünstigt die Mitarbeiterbindung. Der Zusammenhalt, die Kommunikation im Team sowie die Eigenverantwortlichkeit werden zudem gestärkt. Außerdem wird der Gedanke einer caring firm unterstützt, was wiederum einen positiven Einfluss auf das employer branding hat.

Langfristig gesehen ist Mediation kostengünstiger als Gerichtsprozesse und erzielt eine hohe Einigungsquote.

Ausblick

Zwar handelt es sich bei der Mediation um ein etabliertes Konfliktlösungsverfahren, allerdings wird sie im Arbeitsrecht noch zu wenig eingesetzt. Mit den bereits genannten Vorteilen sollte Mediation als kostengünstige, zeitsparende und vor allem langfristig haltbare Alternative auf allen Konfliktebenen angestrebt werden.

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Autorin

Corina Gräßer, LL. M.
Tel: +49 30 208 88 1410

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 1-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.