BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen - Mai 2018
Der BFH begründet dies mit der realitätsfernen Bemessung des Zinssatzes, die den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletze. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz von derzeit 6% p.a. überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich ein niedriges Marktzinsniveau strukturell und nachhaltig verfestigt habe. Es bestünden schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob der Zinssatz dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Übermaßverbot entspreche. Die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe wirke in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.
Der Pressemitteilung folgte einem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung eines Zinsbescheides im Nachgang einer Betriebsprüfung (AZ: IX B 21/18 vom 25.04.2018). In einem solchen Verfahren erfolgt zunächst eine summarische Prüfung des Ausgangssachverhaltes. Dass der BFH die Aussetzungsentscheidung jedoch unmittelbar durch eine Pressemitteilung kommentiert, deutet m.E. auf die Schwere der Zweifel hin.
Praxishinweis
Vor dem Bundesverfassungsgericht sind unter den Aktenzeichen 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 zwei Verfahren über die Verfassungskonformität der Höhe des Zinssatzes anhängig. Nachdem der BFH nunmehr eine Aussetzung der Vollziehung entschieden hat, sollte für alle offenen und neuergehenden Zinsbescheide geprüft werden, ob gegen diese mit Hinweis auf die o.g. Verfahren ebenfalls Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wird.
Beschluss des IX. Senats vom 25.4.2018 - IX B 21/18
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