Update: Verfassungswidrigkeit der Nachzahlungszinsen
Erstmalige Zinsfestsetzung
Alle erstmaligen Festsetzungen von Zinsen, in denen der Zinssatz nach § 238 Abs. 1 Satz 1 AO mit 0,5 Prozent pro Monat angewendet wird, sind vorläufig hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO i.V.m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Vorläufigkeit betrifft zwei Aspekte. Zum einen, ob die angeführte gesetzliche Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Zum anderen, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die streitigen verfassungsrechtlichen Fragen durch eine verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschrift entscheidet.
Geänderte oder berichtigte Zinsfestsetzung
Werden Zinsfestsetzungen geändert oder wird der Vorbehalt der Nachprüfung der Zinsfestsetzung aufgehoben, sind die Zinsfestsetzungen in demselben Umfang wie erstmalige Zinsfestsetzungen vorläufig.
Ist die vorangegangene Zinsfestsetzung nur teilweise oder gar nicht vorläufig beziehungsweise unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, ist die neue Zinsfestsetzung in der Höhe vorläufig, soweit die Änderung der ursprünglichen Zinsfestsetzung reicht.
Einspruchsfälle
Das Verfahren ruht, wenn die Zinsfestsetzung noch nicht vorläufig ergangen ist und mit einem Einspruch unter Berufung auf die anhängigen Verfahren vor dem BFH und dem BVerfG ausschließlich geltend gemacht wird, dass der Zinssatz gegen das Grundgesetzt verstößt.
Wird gegen eine vorläufige Zinsfestsetzung Einspruch eingelegt und betrifft der Einspruch ausschließlich die vom Vorläufigkeitsvermerk umfasste Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes, ist der Einspruch zurückzuweisen. Ein Ruhenlassen kommt aber dann in Betracht, wenn die Vollziehung auszusetzen ist.
Das BMF-Schreiben regelt weitere Einzelfälle.
Praxishinweis
Für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2012 wird gemäß BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2018 (IV A 3 - S 0465/18/10005-01) automatisch Aussetzung der Vollziehung gewährt. Vor dem 1. April 2012 wird Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 S. 2 AO nur gewährt, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In diesem Fall sollte Einspruch erhoben und die Aussetzung der Vollziehung beantragt werden.
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