Grundstücksbezogene Dienstleistungen

20.01.2017 – Erweiterung des Begriffs der „Grundstücksbezogenen Dienstleistungen“ in Art. 13b, 31a und 31b MwStVO

Zum 01.01.2017 sind die Art. 13b, 31a und 31b der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 (im Folgenden: MwStVO) zum Begriff des Grundstücks und der Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück in Kraft getreten. Die Regelungen beruhen auf der EU-Durchführungsverordnung 1042/2013 vom 07.10.2013.

Problem

Für Dienstleistungen zwischen Unternehmen (sog. B2BLeistungen) liegt der Leistungsort gemäß Art. 44 MwStSystRL, § 3a Abs. 2 UStG grundsätzlich am Sitzort des Leistungsempfängers (sog. Empfängerortsprinzip). Werden Dienstleistungen an einen Nicht-Unternehmer (sog. B2C-Leistungen) erbracht, liegt der Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG grundsätzlich am Sitzort des Leistenden (sog. Herkunftslandprinzip).

Abweichend hiervon bestimmen Art. 47 MwStSystRL, § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG, dass als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück der Belegenheitsort des Grundstücks gilt.

Art. 13b, 31a und 31b MwStVO

Art. 13b, 31a und 31b MwStVO präzisieren Art. 47 MwStSystRL, auf dem auch § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG beruht. Art. 13b MwStVO definiert hierzu, was unionsrechtlich unter einem Grundstück zu verstehen ist. Nur wenn der Gegenstand der Dienstleistung ein Grundstück i. S. d. MwStSystRL ist, kann überhaupt eine grundstücksbezogene Leistung vorliegen. Im zweiten Schritt legt Art. 31a MwStVO fest, in welchen Fällen eine Leistung „im Zusammenhang“ mit einem solchen Grundstück steht. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, bestimmt sich der Ort der Dienstleistung nach Art. 47 MwStSystRL, § 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG.

Zusammenhang mit einem Grundstück

Nach Art. 31a MwStVO stehen Dienstleistungen in einem ausreichenden Zusammenhang mit einem Grundstück, wenn sie für das Grundstück selbst erbracht werden oder auf das Grundstück selbst gerichtet sind und ihr Zweck in rechtlichen oder physischen Veränderungen an dem Grundstück besteht.

Die EU-Kommission definiert „rechtliche Veränderung“ als jegliche Veränderung der Rechtssituation des Grundstücks. Da diese Aussage nicht weiter erläutert wird, eröffnet sie einen sehr weiten Argumentationsspielraum. Gleiches gilt für „physische Veränderungen“. Auch hier soll jegliche physische Veränderung ausreichen.

„Rechtsberatung“ bei Immobilientransaktionen

Art. 31a Abs. 3 Buchst. h MwStVO legt fest, wann Beratungsleistungen nicht grundstücksbezogen sind. Juristische Dienstleistungen bezüglich Vertragsbedingungen eines Grundstücksübertragungsvertrages sowie die Durchsetzung eines solchen Vertrages oder der Nachweis, dass ein solcher Vertrag besteht, fallen demgemäß nicht unter „Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken“, sofern diese Dienstleistungen nicht speziell mit der Übertragung von Rechten an Grundstücken zusammenhängen.

Als grundstücksbezogene Beratungsleistung sind nach Aussagendes Leitfadens der EU-Kommission insbesondere Leistungenzur Begründung oder Übertragung von dinglichen und

Als grundstücksbezogene Beratungsleistung sind nach Aussagendes Leitfadens der EU-Kommission insbesondere Leistungenzur Begründung oder Übertragung von dinglichen und bestimmten anderen Rechten an Grundstücken anzusehen (z. B. Tätigkeiten von Notaren oder das Aufsetzen eines Vertrags über den Kauf/Verkauf eines Grundstücks, Art. 31a Abs. 2 Buchst. q MwStVO).

Nach derzeitiger Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 3a.3. Abs. 10 Nr. 7 UStAE sind Rechts- und Steuerberatungsleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken keine grundstücksbezogenen Leistungen und damit nach den allgemeinen Leistungsortregelungen steuerbar. Die Tätigkeiten eines Notars stellten bereits bisher regelmäßig grundstücksbezogene Leistungen dar.

Praxishinweise

Diese neuen Regelungen sind künftig insbesondere für Steuerberater und Rechtsanwälte zu beachten, wenn sie einen Vertrag über den Kauf/Verkauf eines Grundstücks im In- oder Ausland aufsetzen, da sich hieraus Registrierungspflichten im Ausland ergeben können.

Insgesamt ist die Einführung der Regelungen zu begrüßen, da sie insbesondere durch Fallbeispiele in Art. 31a Abs. 2 und 3 MwStVO zusätzliche Anhaltspunkte für die Abgrenzung von grundstücksbezogenen Dienstleistungen und B2B-Leistungen liefern. Zu beachten ist weiterhin, dass die MwStVO unmittelbar geltendes Recht darstellt, sich die Unternehmen also direkt darauf berufen können. Zudem steht den Steuerpflichtigen mit den hierzu ergangenen Erläuterungen der Europäischen Kommission eine umfangreiche Auslegungshilfe zur Verfügung, die noch zusätzlich zur Rechtssicherheit beiträgt.

Branchen wie der Anlagen- und Maschinenbau sehen sich allerdings weiterhin mit schwierigen Abgrenzungsfragen konfrontiert; denn insbesondere die Beurteilung, wann eine Anlage oder Maschine derart mit einem Bauwerk verbunden ist, dass sie selbst als Grundstück i. S. d. MwStSystRL gilt, hat weiterhin einzelfallbezogen zu erfolgen. Zur Vermeidung unerwünschter Rechtsfolgen – wie der Registrierung in anderen Ländern – bedarf es deshalb einer durchdachten Gestaltung derartiger Transaktionen.

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