BVerfG: Reform der Grundsteuer erforderlich

13.04.2018 – Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit seinem Urteil vom 10.4.2018 die Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Eine Reform der Grundsteuer wird schon lange anhand verschiedener Modelle diskutiert, ohne dass es eine neue Lösung dafür gegeben hat.

Nun hat die Rechtsprechung über die Einheitsbewertung entschieden und den Gesetzgeber unter Druck gesetzt, eine Neuregelung zu schaffen, die nicht mehr auf den uralten Bewertungen von 1935 bzw. 1964 beruht. Der Erste Senat des BVerfG hat am 10.04.2018 sein lange erwartetes Urteil zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer verkündet und damit die Reform der Grundsteuer eingeläutet.

Die Entscheidung des BVerfG im Überblick

Die mündliche Verhandlung über die Einheitsbewertung zur Bemessung der Grundsteuer fand bereits am 16.01.2018 in Karlsruhe statt. Das BVerfG äußerte damals bereits erhebliche Bedenken dagegen, dass die Einheitswerte von Immobilien als Basis zur Berechnung der Grundsteuern auf völlig veralteten Werten beruhen. Es kritisierte in diesem Zusammenhang Versäumnisse des Gesetzgebers hinsichtlich einer Reform der Grundsteuer.

Gesetzliche Neuregelung bis zum 31.12.2019

Jetzt hat das BVerfG die Einheitsbewertung mit seinem Urteil vom 10.04.2018 für verfassungswidrig erklärt. Das Festhalten des Gesetzgebers an den Hauptfeststellungszeitpunkten von 1964 und 1935 führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt. Der Erste Senat des BVerfG hat festgelegt, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung zu treffen hat.

Anwendung der alten Regelungen bis längstens zum 31.12.2024

Allerdings dürfen die Regelungen, die seit Jahrzehnten die unveränderte Basis zur Erhebung der Grundsteuer bilden – für die alten Bundesländer und früheres West-Berlin mit Werten aus dem Jahr 1964 und in den neuen Bundesländern und früherem Ost-Berlin mit Werten von 1935 –, auch nach dem Erlass der Neuregelung noch für weitere fünf Jahre angewendet werden, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024. Das BVerfG räumt Gesetzgeber und Verwaltung also noch eine fünfjährige Zeitspanne für die Vorbereitung der Umsetzung der bis zum 31.12.2019 zu schaffenden gesetzlichen Neuregelung ein.

Steueroptimierung: Gibt es bereits Handlungsbedarf?

Für die Grundstückseigentümer und die Mieter, die in der Regel mit der Grundsteuer über die Betriebskostenabrechnung belastet werden, bedeutet die Entscheidung des BVerfG mit der Übergangsfrist für den Gesetzgeber, dass die bisherigen Steuerfestsetzungen der Grundsteuer jedenfalls im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit rechtmäßig sind. Einsprüche, die sich auf die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen stützen, werden ohne Erfolg bleiben. Bis zur Anwendung einer gesetzlichen Neuregelung zur Umsetzung der Reform der Grundsteuer erfolgt die Besteuerung des Grundbesitzes mit Grundsteuer nach dem bisherigen Regime.

Erst wenn sich konkret abzeichnet, welches der diskutierten Modelle für eine gesetzliche Regelung eine Mehrheit in den Bundesländern und die Zustimmung der großen Koalition findet, lässt sich beurteilen, ob in Einzelfällen durch vorbereitende Handlungen Steueroptimierungen hinsichtlich einer gesetzlichen Neuregelung überhaupt in Frage kommen. Einigkeit besteht wohl nur in der Ansicht, dass die Gesetzgebung zur Grundsteuer und deren Bemessungsgrundlage unbedingt bundesweit einheitlich erfolgen sollte. Das ist derzeit nicht zwingend der Fall, weil es sich um eine Ländersteuer handelt.

Derzeitig diskutierte Modelle zur Neuregelung

Mazars wirkt aktiv im DIHK-Arbeitskreis zur Reform der Einheitsbewertung, bzw. der Grundsteuer bei der Gesetzgebung mit und beteiligt sich neben den IHK’s der Bundesländer, großen Wirtschaftsunternehmen und einzelnen anderen Beratern aktiv am Gesetzgebungsprozess.

Im Ergebnis ist noch völlig unklar, auf welche gesetzliche Neuregelung sich die große Koalition mit den Bundesländern innerhalb der Frist des BVerfG einigen kann. In den bisherigen langjährigen Reformüberlegungen wurden verschiedene Modelle diskutiert, ein einigungsfähiges Modell ist noch nicht in Sicht.

Bereits Ende 2016 hatte sich der Bundesrat auf ein sogenanntes Kostenwertmodell geeinigt, das aber die Bundesregierung bisher nicht aufgegriffen hat. Mit der getroffenen Entscheidung des BVerfG vom 10.04.2018 dürfte bereits fraglich sein, ob dieses Modell im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung überhaupt noch umgesetzt werden kann. Die Grundsteuer B würde nach dem Kostenwertmodell künftig nach einem Wert berechnet, der aus einer komplizierten Kombination aus Bodenwert und Gebäudewert ermittelt wird. Letzterer orientiert sich an den Herstellungskosten, also am Investitionswert, nicht wie bisher grundsätzlich am Ertragswert bzw. in Sonderfällen am Sachwert. Die entscheidende Rolle spielt hier das Baujahr. Die Bundesländer hatten sich bereits in der mündlichen Verhandlung eine 10-Jahres-Frist ausbedungen, um die rund 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewerten zu können. Aufgrund der zeitlichen Vorgaben des BVerfG dürfte dieses Modell nicht bzw. nicht ohne Zwischenschritt realisierbar sein.

Nach dem sogenannten Verkehrswert-Modell soll die bisherige Rechtslage grundsätzlich beibehalten werden. Lediglich die veralteten Einheitswerte würden durch aktuelle Verkehrswerte ersetzt werden. Dies wäre zwar grundsätzlich eine verhältnismäßig steuergerechte Lösung, jedoch wäre hierfür ein enormes, langwieriges und aufwendiges Update für die 35 Millionen Grundstücke in Deutschland erforderlich.

Nach dem sogenannten Bodenwert-Modell wäre die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer ausschließlich ein Wert, der sich auf den Grund und Boden bezieht (daher auch Bodenwertsteuer bzw. Bodenflächensteuer genannt). Bei einer Bodenwertsteuer wäre jedoch sicherzustellen, dass das Verfahren zur Ermittlung der Bodenrichtwerte transparent und gerichtsfest ausgestaltet wird. Das ist nach den derzeitigen Ausarbeitungen hierzu (noch) nicht der Fall, da Gutachterausschüsse die Bodenrichtwerte in einem intransparenten Verfahren festlegen.

Das sogenannte Süd-Modell nach dem Äquivalenzprinzip hat seinen Namen, weil es auf einen gemeinsamen Vorschlag der (Geber-)Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zurückgeht. Hier ist eine (Einzelfall-)Bewertung der Immobilien nicht erforderlich, weil allein die Fläche von Grundstück und Gebäude in das steuerliche Rechenwerk eingespeist werden soll. Die Grundsteuer soll in wenigen Schritten und weitgehend vollautomatisiert berechenbar sein. Diese Berechnungsgrundlagen sollen einfach und nicht streitanfällig sein.

Letztlich stellt das sogenannte Kombinations-Modell einen Reformvorschlag dar, der als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer die Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert und die Gebäudefläche mit nutzungsbezogenen Äquivalenzwerten verknüpft. Dabei werden die Gebäudeflächen nach Wohn- und Nicht-Wohnnutzung unterschieden.

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