Aktuelle Rechtsprechung zum Krankenhaus-Zweckbetrieb (VR 46/16 vom 18.10.2017)

04.01.2018 – Nach den bekannten Zytostatika-Urteilen (Az.: I R 31/12 und I R 82/12 vom 31.7.2013) hatte der BFH aufgrund eines Falls aus dem Jahr 2007 nunmehr Gelegenheit, sich erneut zu dem Umfang eines Krankenhaus-Zweckbetriebes nach § 67 AO zu äußern. Da der § 67 AO auch die Reichweite der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 lit b) GewStG betrifft, ist das Urteil nicht nur für gemeinnützige, sondern auch steuerpflichtige Krankenhäuser von Bedeutung.

Im Urteilsfall versorgte ein gemeinnütziges Universitätsklinikum im Rahmen eines Vertrages nach § 116b SGB V Hämophiliepatienten. Die Behandlung umfasste neben der ärztlichen Leistung auch die unmittelbare Abgabe der verordneten Medikamente zur Blutgerinnung durch das Klinikum. Anders als in den Zytostatikafällen verabreichen sich die Patienten – nach entsprechender Schulung durch den Arzt – die Medikamente allerdings außerhalb der Räume des Krankenhauses selbst. Die Kosten sowohl für die ärztliche Behandlung als auch die Medikamente werden von den Krankenkassen übernommen. Die Verabreichung der Medikamente wird durch regelmäßige Untersuchungen im Krankenhaus begleitet und kontrolliert.

Die selbstständige Verabreichung der Medikamente durch die Patienten außerhalb des Krankenhauses war für das Finanzamt der Anlass, zwar die ärztliche Leistung dem Zweckbetrieb zuzurechnen, nicht aber die Abgabe der für die Versorgung erforderlichen Medikamente.

Diesem Ansinnen erteilte der BFH – wie schon die Vorinstanz – eine klare Absage:

Alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen, sind dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzurechnen. Ausgehend von dem Zweck des § 67 AO, die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten steuerlich zu entlasten, handelt es sich jedenfalls so lange um eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, als das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich zahlen muss.

Dabei sind die entscheidenden Sachverhaltsmerkmale allein, dass es sich bei der Medikamentenabgabe um einen integralen Bestandteil einer fortgesetzten (ambulanten) Krankenhausbehandlung handelt und dass die Kosten der Behandlung und der Medikamente von den Kostenträgern übernommen werden können/müssen. Auf den Ort der Einnahme der Medikamente und den Umfang der Mitwirkung des Patienten kommt es nicht an.

Praxishinweis

In der erfreulich ausführlichen Urteilsbegründung leitet der BFH den Versorgungsauftrag detailliert aus den zugrunde liegenden sozialgesetzlichen Regelungen ab. Er liefert damit – und das macht das Urteil tatsächlich lesenswert – eine Blaupause für die Argumentation in anderen Fällen der ambulanten Versorgung durch ein Krankenhaus. Spannend dürfte darüber hinaus die Frage sein, wie die Abgabe der Faktorpräparate umsatzsteuerlich zu beurteilen ist. Unter Zugrundelegung der (ertragsteuerlichen) Beurteilung, dass es sich um einen „integralen Bestandteil der Therapie handelt“, musste nach hiesiger Auffassung auch ein „eng mit der Heilbehandlung“ und damit umsatzsteuerfreier Umsatz vorliegen. Bisher beurteilt die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben v. 28.9.2016) allerdings die Abgabe nicht patientenindividuell zubereiteter Fertigmedikamente durch ein Krankenhaus noch als umsatzsteuerpflichtig.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.10.2017, V R 46/16

Autor

Jens Krieger
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